Enttäuschung oder Erfolg? So empfanden Oktoberfest-Neulinge ihre Premiere auf der Wiesn

Die Wiesn war eine Premiere nach zwei Jahren Corona-Pause, einige Beteiligte erlebten dabei sogar ihr erstes Oktoberfest generell. Sie berichten über ihre Erlebnisse.
München – Endspurt beim 187. Oktoberfest! Es war zwar saukalt, fast durchgehend regnerisch und weniger los als gewohnt – aber schon auch etwas Besonderes. Schließlich war die Wiesn pandemiebedingt zweimal ausgefallen. Für die Protagonisten, die heuer in unterschiedlichen Rollen ihre Oktoberfest-Premiere feierten, bedeutete die diesjährige Ausgabe aber natürlich noch mal mehr. Wir haben nachgefragt, wie es ihnen ergangen ist.
Oktoberfest 2022: Das Schützenlisl-Team ist zum ersten Mal auf der Wiesn
An keinem Ort auf der Wiesn passt es besser: „Schützenliesl, dreimal hat’s gekracht“, tönt es durch die Lautsprecher. Der bayerische Klassiker wird lautstark mitgesungen. Kein Wunder, schließlich sind im Volkssängerzelt Schützenlisl sowohl der Name als auch das Mitsingen Programm. Die Festwirte Lorenz und Christine Stiftl sind mit dem großen Zelt heuer erstmals auf der Oiden Wiesn. Zuvor waren sie viele Jahre mit einem der kleineren Zelte auf dem Oktoberfest.

„Natürlich bestimmt das Wetter dein Geschäft, aber insgesamt sind wir sehr zufrieden“, sagt Lorenz Stiftl. Küche, Service, Sicherheitsdienst, Büro, Toilettenfirma – alles laufe wie ein Uhrwerk. Das gibt Stiftl die Gelegenheit, viel mit den Gästen zu reden, Rückmeldungen abzuholen und nah dran zu sein. „Das ist mir das Liebste“, sagt er.
Stiftls Premiere auf der Oiden Wiesn
Dass es im Volkssängerzelt gut läuft, liegt nicht zuletzt am Musikprogramm. Für das ist erstmals Moderatorin Traudi Siferlinger verantwortlich. Sie steht auch jeden Tag selbst auf der Bühne und animiert zum Mitmachen. „Die Leute haben Freude und sind total dabei, die Musik stimmt“, bilanziert sie. Sogar die Liederhefte sind ausgegangen. Als Erinnerung hatten sie viele Besucher mit nach Hause genommen. Dass ihre eigene Stimme unter der Belastung etwas gelitten hat, ist für Siferlinger kein Problem. Viel Tee hilft viel. Stattdessen ist ihr Leitspruch: „Trau di singa.“ Sie ist froh, wenn viele mitmachen. Zur guten Stimmung im Zelt tut das freilich sein Übriges. „Alles läuft so, wie ich es mir vorgestellt habe“, sagt Lorenz Stiftl.

Auch das Essen werde oft gelobt. Das hat den Wirt dazu bewogen, im Hackerhaus und im Wirtshaus Zum Stiftl in Zukunft auch auf Bio-Produkte zu setzen. In Sachen Wiesn nimmt Stiftl aus seiner Premiere einige Punkte mit. „Ich habe schon drei Seiten mit Kleinigkeiten aufgeschrieben, die ich anders machen werde.“ Ob das Zelt dann wieder Schützenlisl heißt, ist noch unklar: Es schwelt ein Rechtsstreit um den Namen.
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Bedienung Andi G. hatte sich seine Wiesn-Premiere anders vorgestellt
Die Bedienungen in den Biergärten der Wiesn-Zelte hatten es heuer nicht leicht: Kälte und Regen hielten die Gäste allzu oft fern. Seine Wiesn-Premiere hatte sich Andi G., der im Biergarten der Bräurosl arbeitet, daher ein bisschen anders vorgestellt. Unterkriegen lässt er sich nicht, denn Spaß hat es trotzdem gemacht, sagt er – und das Wetter kann man schließlich nicht ändern. Er und zwei weitere aus seinem fünfköpfigen Team, die er noch aus Schulzeiten kennt, sind ganz ohne Vorerfahrung auf dem Oktoberfest gestartet. „Aber ich denke, wir sind dafür ganz gut geeignet“, sagt er und lacht. „Wir können die Massen tragen, haben eine freundliche Art und kommen hier aus Bayern.“

Seiner Meinung nach ist es durchaus machbar, ohne Gastronomie-Erfahrung auf der Wiesn zu arbeiten. „Die Gäste hier sind alle gut drauf und auch fehlerverzeihend.“ Die größte Herausforderung: Auch im Stress Ruhe zu bewahren und den Überblick zu behalten. „Damit kein Durcheinander entsteht.“ Andi studiert Mathe und Sport auf Lehramt in Regensburg, die Wiesn fällt für ihn zeitlich also genau in die Semesterferien. „Nächstes Jahr würde ich schon gerne noch mal hier arbeiten“, sagt er – in der Hoffnung auf besseres Wetter. Wie viel verdienen Bedienungen auf der Wiesn eigentlich?
Sanitäter Lukas Jungkunz zum ersten Mal auf der Münchner Wiesn im Einsatz
„Ich liebe die Wiesn, ich will hier immer irgendwie sein. Und wenn’s beruflich ist, umso besser“, sagt Lukas Jungkunz (27). Er arbeitet dieses Jahr das erste Mal ehrenamtlich in der Sanitätsstation auf der Wiesn. Hierher kommen täglich diejenigen, die sich verletzt haben, Hilfe brauchen. Praktisch, dass Lukas neben Deutsch und Englisch auch Italienisch spricht: „Das kommt fast täglich zum Einsatz“, sagt er und lacht.
Als Sani muss er ruhig bleiben können und Souveränität ausstrahlen. Gerade auch am Infopoint, wenn aufgelöste Patienten vor ihm stehen. „Man muss den Leuten suggerieren können, alles wird gut, wir kümmern uns.“ Ob eine ältere Dame, die ihren Mann sucht, Schnittwunden oder Blasenpflaster für die Bedienungen – Lukas und seine Kollegen kümmern sich. „Und es war heuer zum Glück eine recht friedliche Wiesn.“
Standl-Betreiber Philipp Vespermann probiert sich mit neuem Stand erstmalig auf der Wiesn
Acht Jahre lang hat sich Philipp Vespermann um einen Platz beworben. Heuer hat’s endlich geklappt. Mit seinem Stand „Dschungel“, an dem man mit Pfeil und Bogen schießen kann, hat der 28-Jährige seine Wiesn-Premiere gefeiert. „Wir sind zufrieden, aber klar, das Wetter spielt uns nicht in die Karten“, bilanziert Vespermann. Besser lief es für ihn und seine fünf Mitarbeiter zuvor auf den Volksfesten in Straubing und Rosenheim. Vespermann entstammt übrigens einer richtigen Schausteller-Familie. Sein Vater betreibt das Laufgeschäft Alpenrausch. Vor neun Jahren machte sich der Sohnemann selbstständig. Die Prämisse: eine Neuheit schaffen! Mit dem Pfeil-und-Bogen-Standl gelang ihm das zweifellos, denn das ist einmalig auf dem Oktoberfest.

Friedrich Geiger von Spaten: Früher Gast, jetzt Teil der Wiesn
Früher war er Gast des Oktoberfests, jetzt ist er ein Teil davon. „Es ist schöner, als ich es mir vorgestellt habe“, sagt Friedrich Geiger (37), Geschäftsführer Technik und Braumeister bei Spaten. Besonders schön fand er am mittleren Sonntag das Standkonzert vor der Bavaria. „Ich war dort mit meinen zwei Kindern und als dann die Luftballons aufgestiegen sind und die Bayernhymne gespielt wurde, war das schon etwas Besonderes“, erzählt er.

Insgesamt hat er auf der Wiesn eine gute Stimmung erlebt. „Die routinierten Mitarbeiter haben meinen Erfahrungsmangel beim ersten Mal ausgeglichen und mich mit auf die Reise genommen“, sagt Geiger. Dabei lief natürlich nicht alles rund. Schlechtes Wetter, weniger Besucher, weniger Absatz. Für das Bier habe er dennoch viel positives Feedback bekommen. Nun hofft er auf einen guten Abschluss. Danach gibt’s eine große Besprechung – und dann wird daran gearbeitet, dass das zweite Jahr auf der Wiesn noch besser läuft.
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