„Trotz Krise, trotz Krieg und trotz Covid haben wir in den Zelten eine gute Stimmung erlebt“, bilanziert Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner (CSU) mit heiserer Stimme. 17 Tage Wiesn sind auch an ihm nicht spurlos vorbeigezogen. Die Festleitung schätzt die diesjährige Besucherzahl auf 5,7 Millionen. 2019 waren es mit 6,3 Millionen gar nicht so viel mehr gewesen. Demnach besuchten heuer 230 000 Menschen die Oide Wiesn (2019: 500 000). Und auf die Nachfrage, ob diese Zahlen denn sicher stimmen, sagte Baumgärtner mit Nachdruck: „Ja, sie stimmen.“
Dabei wird das Oktoberfest 2022 einen besonderen Platz in den Geschichtsbüchern haben. Einerseits, weil es die erste Ausgabe nach zwei Corona-Absagen war – und andererseits wegen des miserablen Wetters. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es schon mal durchgehend so kalt und regnerisch war“, sagte Wirte-Sprecher Peter Inselkammer. Lediglich gegen Ende der ersten Festwoche dominierte die Sonne. Ansonsten war der Himmel nicht weiß-blau, sondern grau in grau. Regen-Ponchos und Schirme wurden zu den wichtigsten Utensilien auf dem Festgelände – oder der Hendl-Hut, fast schon ein Klassiker der Wiesn-Moderne…
Dabei war der Start wettertechnisch noch vielversprechend. Am 17. September um neun Uhr kam pünktlich die Sonne raus. Erst als der Einzug der Wiesn-Wirte vorüber war und OB Dieter Reiter (SPD) im Schottenhamel anzapfte, begann es zu regnen. Ein Fingerzeig für die nächsten zwei Wochen.
Die vier Eisstände durften in der zweiten Hälfte sogar Glühwein verkaufen – erstmals seit 2008. Allerdings stieß das nicht auf viel Liebe bei Standl-Betreibern und Wiesn-Besuchern. Als „moderat“ bezeichnet Baumgärtner den Andrang.
Besonders zu kämpfen hatten mit dem Wetter die Bedienungen in den Biergärten. „Das Geschäft ist quasi weggebrochen“, sagte Inselkammer mitleidig. Da die Wirte in Zeiten der Energiekrise auf gasbetriebene Heizstrahler verzichteten, blieb die muckelige Stimmung heuer aus.
Das spiegelte sich auch in den verkauften Biermengen wider. Nach Angaben der Brauereien tranken die Besucher 5,6 Millionen Mass – 1,7 Millionen weniger als 2019. Beim Essen geht der Trend Richtung Qualität weiter. Dafür nehmen die Gäste dann auch mal mehr Geld in die Hand. Bio, regional, vegan sind sehr gefragt. „Und die Kässpätzle sind dabei, dem Schweinsbraten den Rang abzulaufen“, sagt Baumgärtner.
Auf eine ruhigere Wiesn blicken Polizei, Feuerwehr und Sanitätsdienst zurück. Eine Zunahme war allerdings bei Taschendiebstählen, sexuellen Übergriffen und abgeschleppten Autos zu verzeichnen.
Eine besondere Nachricht hatte zum Abschluss noch die Aicher Ambulanz parat. Das erstmals auf einem Volksfest eingesetzte CT zeigte bei einem Patienten, der aus einem anderen Grund untersucht wurde, einen Kiefertumor – und schenkte so wertvolle Zeit. pp
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