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Wer regiert die Wiesn? So läuft das Millionen-Geschäft

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Ohne sie läuft auf dem größten Volksfest der Welt nichts: Der mächtige Wirtesprecher Toni Roiderer, Wirtschaftsreferent Dieter Reiter, Hans Spindler vom Tourismusamt – über seinen Tisch gehen alle Bewerbungen – und Hacker-Pschorr-/Paulaner Geschäftsführer Andreas Steinfatt © Schlaf/Westermann

München - Promi-Wirt Sepp Krätz steht vor dem Aus, hinter den Kulissen ist der Kampf um sein Hippodrom voll entbrannt. Wer regiert die Wiesn? Die tz erklärt das Machtgefüge.

Ozapft is’ – mitten im Winter schäumen die Gerüchte um die Wiesn über. Promi-Wirt Sepp Krätz steht vor dem Aus, hinter den Kulissen ist der Kampf um sein Hippodrom lange vor der 179. Auflage im September voll entbrannt. Kein Wunder, Krätz sitzt auf einem lukrativen Erbe. Er bewirtet zwar das kleinste der 14 großen Zelte, doch er hat das Hippodrom zu einem der besten Adresse auf der Wiesn gemacht.

Die Könige der Wiesn

Insgesamt fließen auf dem größten Volksfest der Welt 324 Millionen Euro Umsatz – die Nachfolge-Geschäfte wegen des immensen weltweiten Werbewerts noch nicht eingerechnet. Aber wer schafft eigentlich an im „Bier­fürstentum“ Theresienwiese, wie der „Schichtl“ Manfred Schauer die Wiesn süffisant nennt? Die tz erklärt das Machtgefüge.

Die Macht auf der Wiesn: Wie die Vergabe der Zelte wirklich läuft

Ein Mann hat gleich in sechs großen Zelten was zu sagen: Andreas Steinfatt, der Chef der Brauereigruppe Hacker/Pschorr/Paulaner. Ihr gehören drei Zelte, in drei weiteren stellen sie die Bierfässer. Das Machtgefüge Wiesn ist eng verflochten. Steinfatt arbeitet eng mit seinem Spezl Toni Roiderer zusammen, der das Hackerzelt zu einem der erfolgreichsten auf der Theresienwiese gemacht hat. Als Wirtesprecher hat Roiderer einen direkten Draht zum Rathaus. Hier stand jahrelang Tourismus-Direktorin Gabi Weishäupl im Rampenlicht. Die gehört zum Wirtschaftsreferat von Dieter Reiter, der sich inzwischen immer stärker in die Geschäfte einmischt. Das ist nur logisch: Denn Reiter, der 2014 Christian Ude als OB beerben will, hat erkannt, dass man sich als Politiker in München mit der Wiesn am besten profilieren kann. Dazu braucht er aber Vollprofis in seinem Rücken. So gibt es zwei einflussreiche Herren, die kaum einer kennt: Hans Spindler, Chef der Veranstaltungsabteilung, und seinen Vize André Listing. Über ihre Tische wandern alle Bewerbungen. Letztlich muss der Stadtrat zustimmen – und so läuft die Vergabe:

Wem gehören die Zelte?

Diese Frage ist genau genommen zweitrangig. Denn ein Großteil der Bierhallen ist heutzutage einfach von Zeltbaufirmen geleast. Diese sind dann auch die Inhaber. So gesehen geht es also nie um die Vergabe des Zeltes auf dem Oktoberfest. Wiesn-Stadtrat Helmut Schmid: „Die Stadt vergibt nur den Platz an einen Wirt, der sich beworben hat.“

Wer entscheidet über die Vergabe?

Hier spielen die Brauereien eine riesige Rolle. Schon ganz früh wurde festgelegt, dass jede der sechs Münchner Brauereien ein Zelt führen darf. Hacker-Pschorr hat zwei Zelte, da diese Brauerei früher noch zweigeteilt war. Sie schlagen dann auch der Stadt einen Wirt vor. Dieser muss sich dann bewerben. Ähnliches gilt für die schützengeführten Zelte Armbrustschützen-Zelt und Schützen-Festzelt. Hier hat der jeweilige Schützenverband das Vorschlagsrecht für einen Wirt. Bei den übrigen fünf Zelten bewerben sich die Wirte mit einem eigenen Zelt direkt bei der Stadt. Alle Bewerbungen gehen bei der Veranstaltungsabteilung des Wirtschaftsreferates ein und wandern über den Tisch von Spindler und Listing.

So gesehen ist der Wahrheitsgehalt des Gerüchts, dass Augustiner das Hippodrom von Sepp Krätz kaufen soll, allein schon sehr fragwürdig. Warum sollte Augustiner als einzige Brauerei ein zweites Zelt bekommen?

Wie läuft die Vergabe an die Wirte?

Früher entschied sich die Vergabe der Wiesn-Zelte an die Wirte vorallem nach der Frage, welcher Wirt bewährt und bekannt ist. „In den vergangenen Jahrzehnten aber wurde das System erheblich erweitert“, erklärt Wiesn-Stadtrat Schmid. „Das liegt auch dran, dass es viele Gerichtsentscheidungen dazu gab, die von Bewerbungskonkurrenten erstritten wurden.“ Heute gäbe es eine Ausschreibung, die dem Wettbewerbsrecht unterliegt. Die Bewerbung, die bis zum 31. Dezember abgegeben werden muss, wird jetzt nach elf Kriterien und wiederum vielen Unterpunkten bewertet. Einige Punkte werden doppelt multipliziert, einige vierfach. Der Punktegewinner bekommt dann den Zuschlag.

„Kriterien sind zum Beispiel die Volksfesterfahrung, der Finanzierungsnachweis, die Vertragserfüllung den bisherigen Partnern gegenüber und etwa die Schlüssigkeit des Konzepts“, sagt Schmid. Theoretisch kann sich also auch der Wirt aus der Kneipe nebenan bewerben – da scheitert’s dann aber wohl an dem Finanzierungsnachweis. „Er muss schon einige Millionen in die Waagschale werfen können“, sagt Schmid und fügt hinzu. „Ein Wirt muss nicht aus München oder Oberbayern kommen, nur der Bierausschank ist auf Münchner Brauereien beschränkt.“

Welche Brauerei darf wo ausschenken?

Prinzipiell entscheidet der Wirt selbst, welches Bier ausgeschenkt wird. Er schließt dann einen Vertrag mit der Brauerei. Die Stadt schaut nur darauf, dass das Verhältnis insgesamt ausgewogen ist.

Nina Bautz, Christina Schmelzer, Andreas Beez

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